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Reykjavik – Islands beschauliche Hauptstadt
Für deutsche Verhältnisse ist Reykjavik eher eine beschauliche Kleinstadt. In Island sieht man das anders, mit rund 200.000 Einwohnern ist das Ballungsgebiet Reykajvik die mit Abstand größte Stadt der Insel. Akureyri, die „Hauptstadt des Nordens“ - kommt gerade einmal auf etwa 17.000 Leute. Korrekterweise muss man sagen, dass sich die Zahl von 200.000 auf den Großraum Reykajvik bezieht, nicht auf die Stadtgrenzen selbst.
Reykajvik kann sicher nicht in Bezug auf die Einwohnerzahl mit deutschen Großstädten mithalten, was die interessanten und originellen Sehenswürdigkeiten betrifft, braucht sich die isländische Hauptstadt jedoch garantiert nicht zu verstecken. Wir waren jedenfalls begeistert von der Mischung aus kleinstädtischem Flair mit super modernen und sehr fantasievollen Bauten.
Sehr schön ist auch, dass fast alle sehenswerten Objekte in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar sind. Wir hatten unser Mietauto an der Unterkunft abgestellt und bis zur Abfahrt nicht wieder benutzt. Es sind kurze Strecken von der Altstadt zur imposanten Hallgrimskirche, zum Tjörnin-See und zum Meer. Wer aber Touren von Reykajvik aus unternehmen möchte, hat auch gute Karten. Am Alten Hafen gibt es ein breitgefächertes Angebot an Walbeobachtungstouren und die Ausflüge zur Blauen Lagune oder zum Goldenen Kreis sind problemlos an einem Tag zu bewältigen.
Die Hallgrimskirkja, modernes Wahrzeichen Reykjaviks
Das im wahrsten Sinne des Wortes alles überragende Wahrzeichen Reykjaviks ist die Hallgrimskirkja, die Hallgrimskirche. Mit ihren 73 m Turmhöhe überragt sie alle anderen Gebäude und dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass sie auf einem Hügel thront. Es ist schon ein sehr gewaltiger beeindruckender Bau mit ungewöhnlichen Formen, der sich mit einem weiteren Rekord schmücken kann. Die Hallgrimskirkja ist mit ihren 1200 Sitzplätzen die größte Kirche Islands.
Ideen und Pläne für eine über Reykjavik ragende Kirche an exponierter Stelle entstanden schon sehr früh. Hinter der Idee stand z.B. im 17. Jahrhundert Hallgrimur Pétursson, ein Pastor und bekannter Dichter. Nach ihm wurde die später errichtete Kirche benannt. Doch dauerte es noch einige Jahrhunderte, bis diese Ideen des Kirchenbaus in die Tat umgesetzt wurden. Mit dem Entwurf beauftragte man 1937 den isländischen Staatsarchitekten Guðjón Samúelsson, der auch für viele andere berühmte Gebäude der Insel verantwortlich zeichnete.
So war er federführend bei der Hauptkirche von Akureyri, beim katholischen Dom in Reykajvik, beim Nationaltheater und beim Hauptgebäude der Universität. Sein Ziel war, einen isländischen Nationalstil in der Architektur zu finden. Die Form der Hallgrimskirche soll an die zerklüfteten Berge und Gletscher des Landes erinnern. Ob das gelungen war, darüber gab es nicht wenig Streit. Trotzdem begannen die Bauarbeiten 1945 und 1948 konnte die Kapelle eingeweiht werden. Bis zur endgültigen Fertigstellung sollten jedoch Jahrzehnte vergehen. Der herausragende Turm mit seiner an eine Orgel erinnernden Fassade und der Flügel mit einer neuen Kapelle waren 1974 fertig, im Jahre 1986 folgte das Kirchenschiff.
Mit der ca. 15 m hohen und 25 t schweren Orgel erhielt die Hallgrimskirkja 1992 die größte Orgel Islands. Neben dem Musizieren in den Gottesdiensten wird sie auch für Konzerte genutzt. Ein richtiges Kunstwerk ist auch die Kanzel mit Ornamenten des isländischen Künstlers Leifur Breiðfjörd, der auch die sehenswerten Bleiverglasungen in den Türen des Kirchenschiffs schuf. Als Leihgabe des isländischen Nationalmuseums kam das Taufbecken, das die Verkündung Marias zeigt, in die Kirche.
Sicher, man kann unterschiedlicher Meinung über den Betonbau sein. Wir fanden ihn aber hochinteressant und sehr fantasievoll. Besonders im seitlichen Sonnenlicht, wenn die Wirkung von Licht und Schatten auf dem hellen Bauwerk wirkungsvolle Strukturen schafft, ist die Hallgrimskirche unserer Ansicht nach eine Augenweide. Wenn man die Skólavördðustigur hinauf läuft, öffnet sich der Blick auf die Front der Kirche mit den markanten Säulen, dem Turm und dem davor stehenden Denkmal des isländischen Nationalhelden Leifur Eiriksson. Auf der Rückseite erinnert die Kirche mit der abgerundeten Kuppel an eine russische Basilika. Gerade diesen Kontrast zwischen dem spitzen Turm und der Kuppel fanden wir imponierend.
Auch das Innere der Kirche ist erhebend. Der Raum ist riesig und wirkt vor allem durch seine Schlichtheit und Sachlichkeit. An schönen Tagen ist er richtig lichtdurchflutet. Man kann auch hier wieder trefflich streiten, ob diese einfache Gestaltung wirkungsvoller ist, als das teilweise überladene Ambiente vieler alter, vor allem katholischer Kirchen. Wir finden beides akzeptabel, wobei die Hallgrimskirkja sicher etwas Besonderes ist, das man so nicht oft erlebt.
Wenn sich die Möglichkeit bietet, steigen wir auf die Kirchtürme, von denen man meist eine sehr gute Aussicht über die jeweilige Stadt hat. In dieser Beziehung macht die Hallgrimskirche keine Ausnahme, der Blick in die Umgebung ist exzellent. Das liegt an der wunderbaren Lage Reykjaviks am Meer, an den tollen Gebäuden der Stadt mit dem See Tjörnin in der Mitte und nicht zuletzt an der fantastischen klaren Luft, die eine extrem weite Sicht erlaubt. Wobei letzteres natürlich auch stark vom Wetter abhängig ist. Wir hatten das große Glück, an einem sonnigen Tag auf dem Kirchturm zu sein. Die Bilder über Reykjavik und Umgebung bleiben im Gedächtnis haften, solche Stunden sind unvergessliche Erlebnisse, von denen man noch lange zehrt. Übrigens, auf den Turm steigen trifft nicht ganz zu – die Plattform des Turmes ist über einen Lift zu erreichen.
Rund um den See Tjörnin
Der Tjörnin, einer der bekanntesten Seen Islands und Mittelpunkt der Hauptstadt Reykjavik, war früher die südliche Grenze des damals kleinen Ortes, umgeben von Bauernhäusern. Davon ist heute nicht mehr viel zu spüren. An den umliegenden Straßen befinden sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt. Gleichzeitig ist der Tjörnin durch zwei große Parkanlagen an seinen Ufern die grüne Lunge Reykjaviks. In den warmen Monaten herrscht hier immer reges Treiben, auch wegen der zahlreichen Wasservögel, die sich am und im See tummeln. Mehr als 40 Arten sollen es sein, neben verschiedenen Enten, Gänsen und Schwänen sind es natürlich die Möwen, die den Besuchern manchen Bissen streitig machen.
Das auffälligste Gebäude am See ist ein teilweise ins Wasser gebautes modernes Haus, das auf der einen Seite über einen Steg zu erreichen ist. Auf der anderen Seite reicht ein Wasserbecken bis an die Mauern. Es handelt sich um das Rathaus Reykajviks, ein futuristisch anmutendes Bauwerk, das noch ziemlich jung ist. Gebaut wurde es 1992 auf Initiative des damaligen Bürgermeisters, des späteren Premierministers. Dabei spielte eine große Portion Prestige und der Wille, etwas Besonderes zu erschaffen, eine herausragende Rolle. Der Bau war nämlich alles andere als einfach zu bewerkstelligen. Da eigentlich kein Platz mehr am See vorhanden war, musste eigens für das Rathaus eine künstliche Insel aufgeschüttet werden. Ob das sinnvoll war sei dahingestellt, markant und ein Highlight ist das Gebäude auf jeden Fall. Im Rathaus gibt es ein Café, von dem man eine schönen Blick auf den Tjörnin hat. Auch sehr sehenswert ist eine große Reliefkarte Islands im Foyer des Hauses, die im Boden versenkt werden kann.
Ein wunderschönes Holzhaus, das Iðnó, steht direkt neben dem Rathaus am See. Es ist eines der ältesten Häuser Reykjaviks, das seit 1897 der Handwerker-Vereinigung als Gemeinschaftshaus diente. Bis zum Jahre 1989 nutzte es die Theatergemeinschaft Reykjavik als Spielstätte. Im Haus ist heute ein Restaurant und Café zu finden und es werden Musik- und Theaterstücke aufgeführt.
Im Verhältnis zur Hallgrimskirkja erscheint die Dómkirkja eher unscheinbar. Unter einem Dom stellt man sich normalerweise auch etwas Prunkvolleres vor, als die einfach wirkende Kirche. Es ist aber ein geschichtsträchtiges Haus, mit dessen Bau im Jahre 1788 begonnen wurde. Fertig war die Kirche 1796 und seit 1845 wird zu jeder Parlamentseröffnung ein Gottesdienst in der Dómkirkjan abgehalten. Eine besondere Sehenswürdigkeit in der unter Denkmalschutz stehenden Kirche ist das marmorne Taufbecken.
Unscheinbar grau und klein steht in der Nachbarschaft der Dómkirkja das AlÞingishús, das Gebäude des Parlaments. Hier würde man am wenigsten eine Regierung vermuten, doch bei einer Gesamtbevölkerung von rund 300.000 Menschen braucht man natürlich kein riesiges Parlamentsgebäude. Vor dem Parlament liegt Reykajviks zentraler Platz, der Asturvöllur, auf dem sich die Bewohner der Hauptstadt oft versammeln und auf dem auch die offiziellen Kundgebungen stattfinden. Er ist auch der Standort des Denkmals von Islands Jón Sigurdsson, des isländischen Kämpfers für die Unabhängigkeit.
Rund um den See sind noch einige weitere interessante Gebäude zu finden. Die Frikirkja ist ein weißer Bau mit typisch isländischer Wellblechverkleidung und grünem Dach. In ihr hat die von der Staatskirche unabhängige lutherische Freikirche ihren Sitz. Das 1863 gegründete Nationalmuseum zeigt Sammlungen und verschiedene Kunstobjekte der isländischen Kultur. In der Nationalgalerie sind vorrangig Werke isländischer Künstler zu finden, teils im turnusmäßigen Wechsel des Bestandes, teils als reine Wechselausstellung. Interessant ist, das der Altbau der Galerie vormals der Konservierung von Fischen diente. Im Jahre 1988 eröffnete der moderne Erweiterungsbau.
Entlang der Küstenstraßen Reykjaviks
Direkt an der Küste ähnelt Reykajvik weniger einer Kleinstadt wie in anderen Vierteln. Hier sind einige moderne Hochhäuser entstanden, was sich nicht unbedingt positiv auf das Stadtantlitz auswirkt. Es geht doch etwas das besondere Flair verloren und die Häuser versperren teilweise die schöne Aussicht auf das Meer. Glücklicherweise hat sich diese Bauwut aber in Maßen gehalten. Über die ganze Länge der Küstenlinie ziehen sich mehrere breite Straßen hin, so die Mýrargata, die Geirsgata, die Kalkofnsvegur und die wohl bekannteste und längste, die Sæbraut. Es sind mehrspurige Alleen, auf denen der Verkehr rollt. Spaziergänger kommen aber doch auf ihre Kosten, denn entlang der Küstenstraßen führt ein Spazierweg am Wasser vorbei.
Es gibt gleich einige Gründe, diesen Weg an der Küste zu laufen. Da ist erst einmal die wunderschöne Aussicht nach beiden Seiten, sowohl in Richtung Meer als auch in Richtung Stadt. Besonders in Höhe des Hügels mit der Hallgrimskirkja ergibt sich ein fantastischer Blick. Die Sicht zur Meer-Seite mit den Bergen im Hintergrund und den vorbeifahrenden Schiffen ist einfach toll, noch toller natürlich bei schönem Wetter und einem Bilderbuch mäßigem Sonnenuntergang. An der Sæbraut stehen auch zwei kunstvolle Skulpturen, von denen man eine durchaus als hervorragendes Wahrzeichen Reykjaviks bezeichnen kann.
Diese Skulptur, die „Sonnenfahrt“, begeisterte uns so sehr, dass wir sie gleich mehrmals zu unterschiedlichen Zeiten ansteuerten. Damit waren wir nicht allein, denn diese – wie nicht nur wir meinen – ausgesprochen einfallsreiche und elegante Metall-Skulptur, die in ihren Formen an ein altes Wikingerschiff erinnert, hat sich, neben der Hallgrimskirkja, zur vielleicht meistfotografierten Sehenswürdigkeit Reykjaviks entwickelt. Daneben steht die andere Skulptur, die an eine Harpunen-Spitze erinnernde „Partnerschaft“, im Schatten der Sólfar.
Nähert man sich auf der Küstenstraße dem Zentrum Reykjaviks, findet man eine ganze Reihe historisch wertvoller sehr sehenswerter Bauten und einige historische Straßenzüge vor. In der ältesten Straße der Stadt, der Aðalstræti, sind sogar noch die Grundmauern eines Langhauses aus dem Jahre 930 zu finden. Wer dies allerdings in einem Museum vermutet, liegt falsch. Die Ausstellung zur Besiedlung Reykjaviks, in der u.a. diese Mauern zu sehen sind, gibt es im Hotel Reykjavik. Das älteste erhaltene Haus der Stadt ist die Aðalstræti Nr. 10. Hier gründete Skúli Magnússon die erste isländische Wollmanufaktor. An ihn erinnert ein Standbild vor dem Hotel Reykajvik.
Ein Gebäude an der Ecke Aðalstræti und Hafnarstræti fällt durch hölzerne Falken-Darstellungen am Giebel auf. Das hat einen Grund, denn im Fálkarhús, dem Falkenhaus, hielt man im 18. und 19. Jahrhundert isländische Falken, um sie dann nach Dänemark zu verschiffen. Einen schönen Blick auf den Hafen hat man von der Cafeteria des Hafnarhús. Das ehemalige Lagerhaus wird heute als Kunstmuseum und als Veranstaltungsort für Konzerte und Empfänge genutzt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht noch ein Museum, das Museum für Fotografie. Genau gesagt, ist das Museum in der fünften Etage der Stadtbibliothek untergebracht. Erfreulich fanden wir, dass in beiden Museen der Eintritt frei ist.
Natürlich ist in einer Stadt am Meer oft der Hafen einer der Mittelpunkte und Anziehungspunkt für Touristen. Das trifft auch auf Reykjavik zu, wobei die Stadt genau genommen zwei Häfen hat. Im Containerhafen gehen die großen Frachtschiffe vor Anker. Interessant für Touristen ist vorrangig der Alte Hafen, der von kleineren Fischer- und Segelbooten angelaufen wird. Die wichtigste Bedeutung hat er jedoch heute als Ausgangspunkt der Wal- und Vogel-Beobachtungsfahrten. Über einen Mangel an derartigen Angeboten kann man sich wirklich nicht beklagen. Wir hatten die Qual der Wahl, denn wohl mindestens ein halbes Dutzend Firmen bietet seine Dienste an.
Das reicht von kleinen Booten bis zu größeren Ausflugsschiffen und von der etwa einstündigen Tour zu längeren Fahrten. Wir hatten uns für eine zweistündige Tour auf einem der größeren Schiffe entschieden. Die sind vielleicht nicht so individuell wie kleine Boote, wir finden aber, man hat einen besseren Blick auf die hoffentlich reichlich anzutreffenden Wale und Delfine, da die Aufbauten und Decks höher sind. Auf jeden Fall sollte man warme und wetterfeste Kleidung nicht vergessen. Wir hatten zwar Tage mit sehr warmer Witterung in Reykajvik erwischt, doch auf See wurde es dann schlichtweg hundekalt.
Weitere Sehenswürdigkeiten in und um Reykajvik
Nur wenige Schritte von der Hallgrimskirkja entfernt umschließt eine Mauer eine große Villa mit Park. Im Haus befindet sich das Einar Jónsson Museum. Gewidmet ist es dem isländischen Maler und Bildhauer, der allerdings sehr umstritten ist. Seine Werke erinnern stark an den pompösen und Helden verehrenden Stil der nationalsozialistischen Kunst. Im Garten, der ganzjährig geöffnet und – innerhalb der Öffnungszeiten - frei zugänglich ist, kann man sich davon überzeugen. Hier sind eine Reihe seiner Skulpturen und Reliefs ausgestellt. Der Garten ist auch ein beliebter Erholungsplatz für Studenten und junge Mütter. Das eigentliche Museum befindet sich in der Villa, dem ehemaligen Wohnhaus und Atelier Jónssons. Hier ist allerdings der Eintritt nicht frei.
Es kommt einem unwillkürlich das Sprichwort „Ein Schelm, wer Arges dabei denkt“ in den Sinn, wenn man vor dem Sitz des Präsidenten und des Premierministers, des Stjórnarráðhúsið, an der Lækjargata steht. Beide sind nämlich ausgerechnet im ursprünglichen Gefängnis untergebracht. Das Haus wurde Ende des 18. Jahrhunderts erbaut und ab 1815 als Amtssitz des dänischen Verwalters genutzt, bevor dann in der heutigen Zeit die höchsten Repräsentanten Islands einzogen. Vor dem Gebäude befinden sich die Standbilder des dänischen Königs Christian IX. und des ersten Ministers in Island, Hannes Hafstein.
Die Lækjargata beherbergt nicht nur den Sitz des Präsidenten und des Premiers, sondern hier ist auch das älteste Gymnasium Islands zu finden. Die Wurzeln des früher zum Bischofssitzes Skálholt gehörenden Gymnasiums gehen bis ins 11. Jahrhundert zurück. Lange Zeit, bis 1847, war es auch das einzige der Insel. Vor dem weißen Gebäude fällt die Skulptur „Das Gesicht der Sonne“ auf, daneben steht noch eine Statue der griechischen Göttin Athene.
Reykjaviks exklusive Einkaufsstraße ist die Laugavegur, in der zahlreiche Geschäfte mit teils originellen Angeboten zu finden sind. Mit den Einkaufsmeilen großer Weltstädte, wie z.B. Paris oder London, kann die Straße nicht mithalten – glücklicherweise möchten wir sagen. Dafür besitzt sie einen exquisiten Charme und ein ganz besonderes Flair. In der Laugavegur ist auch der Sitz zweier Museen, die sich zeitgenössischen und nicht etablierten isländischen Künstlern widmen, das Living Art Museum und das Safn. Die Passanten waren sicher verblüfft darüber, dass wir mit permanent gesenkten Köpfen durch die Straße zogen. Das lag aber daran, dass wir die im Pflaster eingelassene Gedenktafel an den Dichter und Nobelpreisträger Háldor Laxness nicht übersehen wollten. Auf Höhe der Nummer 32, des ehemaligen Standortes seines Wohnhauses, ist die doch recht unscheinbare Tafel schwer zu erkennen.
Man kann sogar aus Heißwassertanks eine Touristenattraktion machen. Der Perlan, ein spiegelnder Glaskuppelbau, ist der Beweis dafür. Der Bau steht auf insgesamt fünf Tanks, in denen heißes Thermalwasser aus der Umgebung gespeichert wird. Das heißt, heute sind es noch vier Tanks, die diesem Zweck dienen, im fünften wurde ein Museum eingerichtet. Das Saga-Museum zeigt Wachsfiguren, doch im Gegensatz zu anderen Wachsfiguren-Kabinetten sind das keine berühmten Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Unterhaltung sondern es werden damit historische Ereignisse aus Islands Geschichte dargestellt. Die vier Wassertanks fassen rund 20 Millionen Liter Thermalwasser, das der Heizung von Gebäuden dient.
Über eine Treppe gelangt man in die Spiegelkuppel des Baus mit einer um die Kuppel führenden Aussichtsplattform, von der man eine imposante Aussicht über Reykjavik hat. Im Inneren der Kuppel gibt es ein gehobenes Restaurant, das sich dreht und so einen wechselnden Blick über die Stadt erlaubt. Besonders raffiniert ist ein Springbrunnen, der den berühmten Geysir Strokkur imitiert und einen künstlichen Ausbruch mit einer 15 m hohen Fontäne erzeugt.
Zwar gehört die Blaue Lagune garantiert nicht zum Stadtgebiet Reykjaviks, doch der Besuch der Hauptstadt und ein Ausflug in das berühmte Thermalbad gehören einfach zusammen. Die Blaue Lagune ist ein Synonym für Island und wenn man nach den Sehenswürdigkeiten des Landes fragt, wird wohl fast jeder das Thermalbad nennen. Der klangvolle Name erinnert eigentlich an Urlaub, Tropen und Sandstrände und keineswegs an ein Kraftwerk. Bei dem Thermalbad handelt es sich nämlich schlichtweg um die Abwässer des geothermischen Kraftwerkes Svartsengi.
Die heißen Salzwasserquellen der Umgebung werden hier als Grundlage der Erwärmung von Süßwasser genutzt, das wiederum der Heizung des Flughafens und verschiedener Orte dient. Außerdem dient es noch der Stromerzeugung. Der Gedanke, eigentlich im Abwasser zu baden, ist so manchem vielleicht nicht ganz geheuer. Doch ein Bad in der Blauen Lagune ist super angenehm und nebenbei auch sehr gesund. Das Wasser enthält nämlich sehr viele Minerale, die sich positiv auswirken.
So bekannt wie die Blaue Lagune ist, könnte man meinen, dass die Anlage schon lange existiert. Dabei wurde das Gebäude erst 1999 eröffnet. Es war selbstverständlich, dass wir der Lagune einen Besuch abstatteten und ausgiebig im heißen Wasser badeten. Wie nicht anders zu erwarten, herrscht hier immer Andrang. Da aber bis zu 700 Gäste gleichzeitig die Möglichkeit haben, die Umkleidekabinen zu nutzen, besteht kaum Gefahr, wieder umkehren zu müssen. Erwartet wird von jedem Besucher, dass er vor und nach dem Bad ausgiebig duscht. Wir können mit Fug und Recht sagen, dass ein Bad im heißem Mineralwasser ein wirklicher Genuss ist, bei dem selbst widrige Außentemperaturen oder allgemein schlechtes Wetter überhaupt nicht stören. Wer möchte, kann auch die Saunas nutzen, die ebenfalls auf dem Gelände vorhanden sind.
Wir konnten uns ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als wir ins Wasser stiegen und um uns herum lauter Gesichter mit „Kriegsbemalung“ sahen. Die Erklärung ist einfach, am Rande des Beckens gibt es Gefäße mit Schlamm, den man mit den dazu gehörigen Löffeln auf das Gesicht aufträgt und etwa 10 Minuten einwirken lässt. Ob er bei längerem Gebrauch auch eine Verschönerung des Aussehens ergibt, wissen wir nicht. Wir konnten bei uns jedenfalls keinen diesbezüglichen Effekt feststellen. Entweder war der Zeitraum der Anwendung einfach zu kurz oder wir sind hoffnungslose Fälle...
Sitzt man im 38°C heißem Wasser, umgeben von den bizarren Lava-Felsen, möchte man am liebsten gar nicht wieder herausklettern. Wenn dann vielleicht noch wechselnde Lichtverhältnisse vorherrschen, kann man sich zusätzlich am Spiel der Farben erfreuen. Je nach Sonnenschein und Blau oder Grau des Himmels hat das Wasser der Lagune eine Färbung zwischen Türkis und Dunkelblau. Dann weiß man, woher der Name des Thermalbades stammt.
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Autor: Michael Nitzschke, Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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