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Isla del Sol - Sonneninsel

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Nach unserer Wanderung zur Ortschaft Sampaya und einer halbstündigen Bootsfahrt erreichen wir bei Pilkokaina unser Tagesziel, die Isla del Sol - die berühmte Sonneninsel im Titicacasee; Normalerweise gelangen die meisten Touristen direkt von Copacabana mit gecharterten Booten hierher, Touranbieter dafür gibt es im Ort genug, die Preise liegen zwischen fünf und zehn Euro. Es verkehren auch zweimal am Tag öffentliche Passagier- und Transportboote zur Insel Empfehlenswert ist auf jeden Fall ein mindestens ganztägiger Ausflug, besser jedoch, so wie wir es auch vorhaben, ein zweitägiger Aufenthalt mit Übernachtung auf der Insel, um eine ausgedehnte Wanderung über das kulturhistorisch und landschaftlich interessante Eiland durchführen zu können.

Karte von Bolivien; Vergrößerung per Mausklick Blick von der Sonneninsel zurück aufs Festland in Richtung Copacabana

Die Isla del Sol liegt etwa 20 Kilometer nördlich von Copacabana, sozusagen als Ausläufer der großen Halbinsel, die sich zwischen Chucuito- und Winaymarkasee befindet. Sie ist knapp zehn Kilometer lang und maximal sechs Kilometer breit, ihre Längsachse verläuft von Nordwest nach Südost, und der Uferbereich ist gekennzeichnet durch viele Buchten und zahlreiche kleine Halbinseln. Es gibt auf ihr mehrere Siedlungen mit insgesamt rund 3000 Einwohnern, von denen heutzutage viele vom Tourismus und nur noch ein kleiner Teil vom Ackerbau und Fischfang leben. Auf der Insel befinden sich etliche Ruinenkomplexe und Tempel aus der Inkazeit, denn sie soll der Legende nach der Ursprung des Inkaimperiums sein. Doch was es damit auf sich hat, werden wir später bei der Inselrundwanderung genauer betrachten.

Ecolodge La Estancia

Wir gehen also bei Pilkokaina im Südosten der Insel mit unserem ganzen Gepäck an Land und werden bereits von ein paar Männern mit Tragetieren erwartet, die unsere vollgepackten Rucksaecke und Reisetaschen übernehmen. Denn bis zu unserer Unterkunft für die nächsten zwei Nächte liegt noch ein etwa einstündiger Fußmarsch vor uns, und der hat es anfangs ganz schön in sich! Die ersten 20 Minuten geht es über Treppen sehr steil gut Hundert Höhenmeter bergauf und wir kommen wieder ganz schön ins Schnaufen, da sind wir froh, dass wir nicht unser ganzes Gepäck tragen müssen. Doch als Belohnung erwartet uns schon der erste inkaische Ruinenkomplex, der mehrstöckige Palast Pilkokaina, erbaut vom Inca Tupac Yupanki um 1480. Faszinierend, wie exakt die Steine behauen und aufeinander gesetzt sind, und das ganz ohne Mörtel zur Festigung und Stabilisierung. Aus den Fenstern blicken wir weit über den See hinaus bis zur Cordillera Real, auch die Inkas hatten scheinbar bereits ein Faible für eine traumhafte Aussicht!

Beim Tempel von Pilkokaina mit Blick zu Illampu und Ancohuma Wer zieht wen? Kleiner bolivianischer Junge mit einem Lama

Vom Palast aus führt uns der Weg relativ eben, immer etwa Hundert Meter oberhalb des Seespiegels, durch Terrassenanlagen für den Ackerbau, niedriges Buschwerk, vorbei an einer Schafherde bis zu einer Stelle, wo wir tief unter uns den Bootsanlegesteg von Escalera del Inca sehen können. Dort im Hafen liegen fast alle Arten von Schiffen, die auf dem Titicacasee verkehren, vor Anker, vom einfachen Schilf- und Holzboot über normale Passagierboote bis hin zum modernsten Hydrofoil, einem Tragflügelboot, ist hier alles geboten, ein lustiger Anblick. Aber noch mehr lachen müssen wir, als uns ein kleiner Junge, vielleicht gerade mal drei Jahre alt, mit einem Lama an der Leine entgegenkommt, wobei es so scheint, als ob eher das mehr als doppelt so große und sichtlich störrische Tier den Kleinen zieht als umgekehrt. Sichtlich erheitert durch diese Begegnung legen wir ohne große Mühen die letzten Meter zurück, bis wir kurz vor der Ortschaft Yumani linkerhand etwas abseits vom Hauptweg unser Tagesziel, die Ecolodge La Estancia, erreichen.

In den kleinen Gärten wachsen farbenprächtige Blumen Die Ecolodge La Estancia mit dem Hauptgebäude. Links davon ist eines der Gästehäuschen mit der Solaranlage neben der Tür zu sehen.

Über eine lange Treppe betreten wir die weitläufige Hotelanlage, bestehend aus vielen kleinen Häuschen und einem Hauptgebäude, die sich auf mehrere Terrassenebenen verteilt an den Hang schmiegen. In der Ecolodge La Estancia haben sich etliche Bewohner der Sonneninsel zusammengeschlossen mit dem Ziel, dem anspruchsvollen Touristen eine komfortable Unterkunft zu bieten, jedoch unter dem Gesichtspunkt einer ökologischen und naturverträglichen Betriebsführung. Das bedeutet unter anderem, die Gäste werden überwiegend mit auf der Insel produzierten Nahrungsmitteln versorgt, das Abwasser wird mit Hilfe einer biologischen Kläranlage wiederaufbereitet und die Gästezimmer werden mit einer einfachen, aber effektiven Solaranlage beheizt. So wird auch zum Beispiel von den Gästen erwartet, sorgsam mit dem Wasser im Bad umzugehen, da jeder Liter des wertvollen Nass mühsam vom See heraufgetragen werden muss. Die Gebäude sind im traditionellen Stil erbaut und die Dächer mit Stroh gedeckt, so dass sie perfekt ins Landschaftsbild passen. Dazu findet man über die gesamte Anlage verteilt trotz jetziger Trockenzeit immer wieder Bereiche mit gepflegten Anpflanzungen, in denen farbenprächtigen Blumen wachsen und die sehr zum Wohlbefinden der Gäste beitragen.

Blick aus unserem Häuschen über den Titicacasee zur Mondinsel und zur Cordillera Real

Im Hauptgebäude wartet auch schon unser ganzes Gepäck auf uns und wir werden jeweils zu zweit auf die kleinen Häuschen aufgeteilt. Als wir die Türe öffnen und eintreten, sind wir sichtlich überrascht, denn im lichtdurchfluteten Zimmer befinden sich zwei riesige Betten mit schöner bunter Bettwäsche, eines allein wär schon ein Doppelbett, an den Wänden hängen wahrliche Designerlampen aus Holz, und der Blick aus den Fenstern auf den Titicacasee und die Eisriesen ist einfach nicht zu toppen. Nach den Anstrengungen des Tages genießen mein Zimmerpartner Wolfgang und ich eine wohltuende kalte Dusche und entspannen uns etwas, bis wir nach einiger Zeit zum Essen gerufen werden. Dazu müssen wir etliche Stufen wieder bergauf zum Hauptgebäude zurücklegen, doch mittlerweile sind wir gut akklimatisiert, und auch der Hunger treibt uns. Im Hauptgebäude erwartet uns ein festlich gedeckter Tisch, es gibt eine Gemüsesuppe, fangfrischen Fisch mit Süßkartoffeln und Salat, und als Nachspeise sogar frisch gemachtes Erdbeereis. Und dazu natürlich wieder ein kühles Cerveza. Im Foyer befindet sich eine Sitzecke mit offenem Kamin, die nach dem Abendessen sehr zum Verweilen einlädt. Doch einigen von scheint das Tagespensum an Bewegung nicht zu reichen und beschließen, noch eine kurze Abendwanderung auf den Cerro Palla Khasa zu machen, und da dies wieder ein "Gipfel" über 4000m ist, schließe ich mich ihnen an.

Ein junges bolivianisches Mädchen mit farbenprächtigem Umhang.

Ab der Ecolodge folgen wir einem kaum sichtbaren Pfad durch Gestrüpp und an einigen Eucalyptusbäumen vorbei, bis wir die letzten Meter über Geröll und Felsblöcke den höchsten Punkt erreichen. Von dort oben haben wir eine prachtvolle Sicht über die gesamte Sonneninsel, hinüber zum Festland bei Copacabana, über die unendlich scheinende Weite des Chucuitosees, und zur Cordillera Real, die gerade im Licht der untergehenden Abendsonne leuchtet; Ein Platz zum Entspannen, Ausruhen, die Seele baumeln lassen, Kraft schöpfen, also Urlaub pur. Doch kaum sind wir hier oben angekommen, tummeln sich schon etliche Kinder um uns herum und möchten uns Kleinigkeiten wie selbstgemachtes Spielzeug verkaufen oder sich in Pose fotografieren lassen, natürlich mit einem Boliviano als Obolus! Wir beobachten die immer tiefer sinkende Sonne, bis sie in einem tiefroten Feuerball am Horizont verschwindet. Schnell wird es recht kalt, und auch der stets wehende Wind lässt uns ganz schön frösteln, so dass wir uns schnell auf den Rückweg zur Ecolodge machen. Hier kommen wir gerade noch vor der Dunkelheit an und lassen den Tag in der Sitzecke vor dem wärmenden offenen Kamin und mit einem Glas Rotwein ausklingen.

Wanderung über die sagenumwobene Insel

Als ich am nächsten Morgen aufwache ist es draußen noch dunkel, doch ein heller gelber Streifen am Horizont über der Cordillera Real lässt schon den Beginn des neuen Tages erahnen. Schnell baue ich mein Stativ und meine Kamera auf in Erwartung eines traumhaften Sonnenaufgangs. Nach einiger Zeit Warten in der Morgenkälte ist es dann soweit, genau hinter dem 6427m hohen Ancohuma sind durch Brechung des Sonnenlichts gewaltige Strahlen zu erkennen, und kurz darauf taucht auch schon die Sonne die Landschaft um mich herum in ein wärmendes Licht. Schnell ein paar Bilder geschossen, werde ich und die anderen Mitglieder der Reisegruppe auch schon zum Frühstück gerufen. Dies ist wie immer sehr reichhaltig, so dass wir gut gestärkt eine Wanderung über die Sonneninsel beginnen können.

Sonnenaufgang über dem Nevado Ancohuma Ein gut angelegter breiter Weg führt über die Insel.

Anfangs geht es einige Hundert Meter zurück Richtung Pilkokaina bis zu dem Punkt, wo man den Hafen von Escalera del Inca sehen kann; Wir biegen nun nach rechts vom Hauptweg ab und wandern durch Terrassenanlagen hindurch in leichtem Auf und Ab Richtung Nordosten bis zu einer Ansiedelung mit vier Häuschen. Hier werden wir von zwei Männern aufgehalten, und Erich entrichtet eine Art Maut dafür, dass wir weitergehen können. Erich erklärt uns, dass das so üblich sei, und mit den Einnahmen die Wege und die Ruinenanlagen der Insel instandgehalten werden. Dass dem wirklich so ist, davon können wir uns selbst überzeugen, denn der Weg, der uns nachfolgend über einige Höhenrücken führt, ist über zwei Meter breit, mit feinem Kies bedeckt und an den Seiten mit aufgerichteten Steinen abgegrenzt.

Fasziniert schweift unser Blick immer wieder über den tiefblauen See, da und dort ist eine kleine unbewohnte Insel zu sehen, am Himmel ziehen einzelne Schönwetterwolken dahin, und am Wegrand wachsen vereinzelte Kakteen aus dem recht steinigen und kargen Boden. Vom See herauf weht uns ein frischer Wind entgegen, doch durch die starke Sonneneinstrahlung sind die Temperaturen trotz der Höhe von 4000m als angenehm zu empfinden.

Rast an jenem Platz, an dem einst Wiracocha seinen Kindern den Goldstab übergeben haben soll.

Nach gut zwei Stunden Marschieren erreichen wir einen ebenen Platz, auf dem rund um einen Steintisch quaderförmige Steinblöcke angeordnet sind, für uns ein idealer Rastplatz. Während wir uns stärken erklärt Erich was es mit diesem Platz und dem in der Nähe befindlichen Pumafelsen der Sage nach auf sich hat. So setzte einst der Schöpfergott der Inkas, Wiracocha, seine beiden Kinder Manco Capac und Ocllo Huaca genau hier auf diesem Platz aus, übergab den Beiden einen goldenen Stab und sagte zu ihnen: "Geht, wohin ihr wollt, und wenn ihr haltmacht, um zu essen und zu schlafen, so stoßt diesen Stab in die Erde. Wenn er darin steckenbleibt, lasst euch nieder und regiert die Völker mit Gerechtigkeit, Vernunft, Duldsamkeit, Liebe und Milde." Die beiden Kinder machten sich also auf den Weg und kamen in die Nähe des heutigen Cusco, wo sie den Stab in die Erde rammten und somit das Inka-Imperium gründeten, und Manco Capac der erste Herrscher des neuen Reiches wurde.

Eine traumhafte Bucht mit glasklarem Wasser lässt Urlaubsstimmung aufkommen Das Labyrinth von Chincana, einst ein wichtiges Zeremonialtentrum

Erich zeigt uns gegenüber auch den Pumafelsen, den "Titicaca", nach dem einst die Insel und später auch der See benannt wurde. Denn den Namen Sonneninsel bekam das Eiland erst, als die Inkas es zu einem heiligen Ort ernannten, wo dem Sonnengott Inti gehuldigt wurde und der nur von Adligen betreten werden durfte. Desweiteren berichtet uns Erich vom sagenumwobenen Goldschatz der Sonneninsel, den die Tempelwächter nach dem Einfall der Spanier im See versenkt haben sollen, der aber bis heute trotz mehrerer Unterwasserexpeditionen, darunter auch eine von Jean-Jaques Cousteau, nicht gefunden werden konnte. Ich bin tief beeindruckt von den Geschichten über die Insel und fühle mich sogar etwas demütig, an solch einem heiligen Ort sein zu können. Kurz nach unserer Rast kommen wir zur Ruinenanlage von Chincana, einem höhlenartigen Labyrinth, wo einst höchste Riten durch den Inca, dem Herrscher des Reiches, vollzogen wurden.

Leider sind heute nur noch die Grundmauern der Anlage, die einst komplett mit Goldplatten ausgelegt war, zu sehen. Doch verlaufen kann man sich dort allemal noch, wie ich selbst feststellen muss, als ich mich näher im Labyrinth umsehen möchte. Zum Glück finde ich schnell wieder heraus, denn meine Gruppe wartet bereits auf mich. Ab jetzt geht es nur noch bergab zu einer kleinen traumhaften Bucht mit glasklarem Wasser, wo uns bereits ein Schiff für die Rückfahrt Richtung Ecolodge erwartet. Wir ruhen uns während der Bootsfahrt ein wenig aus, denn uns steht bald ein steiler und anstrengender Aufstieg vom See hinauf zur Hotelanlage bevor, und das auch noch bei sengender Mittagshitze. Doch als Motivation erwartet uns dort eine traditionell zubereitetes Mahlzeit, eine Huatia. Was auch immer das sein mag, lassen wir uns überraschen!

Die Huatia - Eine traditionelle Kochmethode

Nachdem uns das Boot wieder an Land gebracht hat steigen wir mühsam und schwitzend über unzählige Treppen, vorbei an riesigen wildwachsenden Kakteen und einige kleine Bauernhöfe passierend unserem wohlverdienten Mittagessen entgegen. Schweißnass erreichen wir unsere kleinen Hütten, nehmen eine kurze Dusche und werden auch schon zu Tisch gerufen.

Unter diesen Steinen soll sich etwas Essbares befinden? ie Huatia, eine traditionelle Kochmethode, bei der das Essen in einem Erdloch gegarrt wird.

Vor dem Hauptgebäude wurde bereits ein großer Tisch aufgebaut, auf einem Beistelltisch warten schon verschiedene Salate verzehrt zu werden. Ich frage mich, ob das alles sei, was es bei einer Huatia zu essen gibt, denn von Salat allein werde ich bestimmt nicht satt werden; Auf Nachfrage erklärt mir Erich, dass die Hauptspeise noch unter der Erde sei. Unter der Erde? Er führt mich und die anderen zu einem kleinen dampfenden Erdhaufen, um den sich schon einige junge Frauen geschart haben und die kurz darauf beginnen, den Hügel langsam abzutragen. Bald schon kommen leicht angebrannte Backsteine zum Vorschein, doch von etwas Essbarem immer noch keine Spur.

Mittagessen vor einer traumhaften Kulisse

Nach deren Beseitigung und unter einigen Lagen Pappkarton sehe ich endlich etwas, was mir essbar erscheint: In Alufolie eingwickelte und ziemlich verbrannte Bananen, nicht gerade appetitlich. Doch nun werden Lage für Lage dampfende Speisen aus dem immer tiefer werdenden Erdloch geholt, verschiedenste Arten an Kartoffeln und anderes Gemüse, zudem Schweine-, Rind- und Hühnerfleisch. Nun leuchtet mir das Prinzip der Essenszubereitung bei einer traditionellen Huatia auch ein. Zuerst wird ein Loch in die Erde gegraben, in dieses werden im Feuer erhitzte Steine gelegt, dann die in Alufolie, früher in große Blätter gewickelten Speisen übereinander geschichtet, darauf nochmals heiße Steine gelegt und schlussendlich mit Erde abgedeckt und abgedichtet. Somit kann die Hitze nicht entweichen und das Ganze garrt etwa zwei bis drei Stunden vor sich hin, bis es serviert werden kann. Die jungen Frauen bringen das frisch Gegarrte in Metallgefäßen zum Beistelltisch und bereiten es neben den Salaten dekorativ auf, ein wahres Festtagsbüffet! Und dazu noch ein Speiseplatz in fast 4000m Höhe, der schöner nicht sein kann, mit Blick über den Titicacasee, zur Cordillera Real, aufs Altiplano, einfach traumhaft, wobei wie immer ein kühles Cerveza nicht fehlen darf.

Abschied von der Sonneninsel

Nach diesem wohl schmeckenden, aber auch sehr üppigen und etwas müde machenden Mittagessen ziehe ich mich so wie auch der Rest der Reisegruppe zu einem Nachmittagschläfchen in mein Hüttchen zurück, wo mich eine angenehme Kühle empfängt, denn die starke Sonneneinstrahlung lässt den Aufenthalt im Freien auf Dauer zu einer heißen Angelegenheit werden.

In 180 Kilometer Entfernung leuchtet der Illimani im Abendlicht.

So döse ich fast den ganzen Nachmittag vor mich hin, bis jemand an die Tür klopft. Es ist Viola, die noch eine kleine Wanderung rund um den Cerro Palla Khasa machen möchte. Ich sage natürlich zu, ein bisschen Bewegung kann ja nie schaden, und vielleicht bietet die Abendsonne auch noch ein paar eindrucksvolle Fotomotive. Schnell meine Fotoausrüstung gepackt, und schon kann es losgehen. Die Luft hat sich mittlerweile auf eine angenehme Temperatur abgekühlt, und so marschieren wir weglos durch Gestrüpp rund um den Berg, begegnen einigen Schafen und Lamas, bis wir letztendlich auf dem Gipfel ankommen; Ganz weit entfernt am Horizont leuchtet über dem Titicacasee imposant der in rötliches Licht getauchte Illimani, gigantische Wolkenformationen über dem Berg verleihen der Szenerie einen bedrohlichen Charakter. Kaum zu glauben, dass der Eisgigant fast 180 Kilometer von der Sonneninsel entfernt liegt!

Bedrohliche Wolken über der Sonneninsel Abschied von der Sonneninsel

Lange können wir die heute äussert klare Luft und die damit verbundene weite Fernsicht nicht mehr genießen, denn wir wollen pünktlich zum Abendbrot wieder zurück in der Ecolodge sein. Nach dem Abendessen genießen wir wie auch bereits am Vorabend ein gutes Glas Rotwein, sitzen gemütlich vor dem offenen Kamin und erzählen uns die ein oder andere Geschichte von Bergbesteigungen in den Alpen und in aller Welt. Der nächste Morgen beginnt mit einem bedrohlich und unheimlich wirkenden Himmelsspiel, von Süden her schiebt der aufkommende Wind eine dunkle Wolkenwand heran, die von der aufgehenden Sonne in die unglaublichsten Orange- und Gelbtöne getaucht wird. Es wirkt so, als ob die Wolkenwalze den noch wolkenlsosen Himmel im Nordosten geradezu "auffressen" möchte. Mit etwas Sorge gehe ich zum Frühstücken ins Hauptgebäude, denn uns steht anschließend eine kurze Marschettape bevor und ich möchte dabei ungern von oben nass werden. Doch nach dem wie immer sehr üppigen Frühstück kann sich die Sonne wieder durchsetzen, auch wenn es im Süden weiterhin bewölkt bleibt. Etwas wehmütig verlassen wir die sehr zu empfehlende Ecolodge La Estancia in Richtung Escalera del Inca, von wo uns ein Boot zurück nach Copacabana bringen soll.

In der bewässerten Terrassenanlage wird auch während der Trockenzeit Ackerbau betrieben.

Auf bekanntem Weg geht es Richtung Pilkokaina, bei der großen Wegkreuzung zweigen wir nach links ab und steigen in Serpentinen bergab. Wir kommmen an einer Gartenanlage vorbei, wo über mehrere Terrassenebenen verteilt, auch jetzt in der Trockenzeit durch Bewässerung, alles Mögliche angebaut wird. Das dazu benötigte Wasser wird von einer nahliegenden Quelle, der Fuente del Inca, abgeleitet. Um diese Quelle rankt sich auch eine Legende, der Genuss des Wassers soll den Incas nach ewige Jugend verleihen. Sogar die Spanier glaubten dies und ließen die Quelle mit Steinen einfassen. Natürlich trinken wir auch von dem aus drei Löchern sprudelndem Nass, wer möchte denn nicht ewig jung bleiben? Ob das auch zutrifft vermag ich wohl erst in einigen Jahren zu berichten. Von der Quellfassung führt eine alte Inkatreppe die letzten Meter hinab zum Hafen, wo wir eins von mehreren Dutzend Schiffen betreten. Wir müssen noch etwas auf die Abfahrt warten, denn die Maultiere mit unserem Gepäck, die wir unterwegs überholt haben, sind heute etwas störrisch und langsam. Mit einer guten halben Stunde Verspätung sind auch unsere Sachen mit an Bord und wir können die letzte Bootsfahrt unserer Bolivienreise beginnen. Zusammengefasst kann ich einen zweitägigen Besuch der Sonneninsel mit Übernachtung in der Ecolodge La Estancia wärmstens empfehlen, man bekommt neben einer traumhaften Landschaft und einer einzigartigen Unterkunft auch einen Einblick in die kulturellen Geheimnisse dieser Insel geboten.

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